Mittwoch, 25. März 2020

Lieblingsplätze in Tübingen

Wenn man sich nicht bewegen darf wie sonst, denkt man sich 'raus.
Die Idee zu diesem Text hatte ich schon vor zweieinhalb Jahren im Herbst, als die Tage kürzer wurden, liebe Freunde sich überlegten, wegzuziehen, und immer klarer wurde, dass auch wir nicht ewig in unserer Wohnung wohnen würden bleiben können, da sie jeden Tag ein bisschen kleiner wurde.Wir wussten also nicht, ob auch für uns bald der Tag kommen würde, an dem wir uns von Tübingen verabschieden müssten.
Im Schwäbischen Tagblatt wurden Politiker und sonstige Prominente damals für Porträts gerne nach ihrem Lieblingsplatz in Tübingen befragt. Da ich weder das eine noch das andere bin oder in absehbarer Zeit sein werde, äußere ich mich einfach mal auf meinem eigenen Blog dazu. Durch die Umstände ist es mehr eine Reise in die Vergangenheit als in die Ferne, denn Lieblingsorte haben immer etwas mit den Momenten zu tun, die wir dort verbracht haben (Chronotopos).
1) An der Kreuzung der Nauklerstraße mit der Melanchthonstraße im Eckhaus gibt es einen kleinen Bäcker, früher betrieben von der Tübinger Bäckerei Gauker. Er war der nächste Bäcker zum Brechtbau und ich habe dort ungezählte Tassen Kaffee getrunken, Butterbrezeln und Apfelballen gegessen. Zeitweise lag er auch auf meinem Weg nach Hause und ich kaufte dort Brot ein. Der schönste Platz war damals ein Tisch mit zwei Stühlen, der vor dem Bäcker auf dem Gehsteig stand. Am besten saß man dort morgens im Frühsommer, wenn es noch ein wenig frisch ist. In regelmäßigen Abständen schwappten Studenten von der Haltestelle Mohlstraße herunter, in den Bäcker hinein und weiter über die Wilhelmstraße und in die Fakultäten. Der Ort vereinte die Ruhe einer Wohngegend mit dem urbanen Flair der Universitätsstadt.

Bildquelle unten

2) Wenn man im Sommer abends in der Stadt draußen Bier trinken möchte, geht man zum Beispiel in die Gasthausbrauerei Neckarmüller in den großen Biergarten direkt am Fluss. Wenn man dabei aber die Gruppen von Betrunkenen und/oder JunggesellInnen-Abschieden sowie die Schnaken anziehende Beleuchtung vermeiden will, kann man eine von zwei Bänken ansteuern, die auf der anderen Seite des Biergartens stehen. Von dort hat man einen wunderschönen Blick auf das Neckarparkhaus und das Hotel Domizil. Es ist die erwachsene Weiterentwicklung des Herumgammelns auf Spiel- und Parkplätzen, denn die Versorgung mit Bier vom Fass ist gesichert - nicht ganz billig aber umweltfreundlich. 
3) Den dritten Lieblingsplatz verbinde ich mit meiner ersten Elternzeit. Es ist die Eisdiele vor dem Haagtor. Hier kam ich immer mit dem Kinderwagen vorbei, wenn ich in die Stadt ging - und oft ging ich daran nicht vorbei, ohne mir eine Waffel mit Vanilleeis und Amarena Kirsch zu kaufen. Wenn man das Eis direkt vor Ort essen möchte, kann man sich auf einen von circa sieben Stühlen setzen, die alle unterschiedlich sind, oder auf eine lange leicht angemoderte Bank unter dem Baum, der gegenüber der Eisdiele steht. Auch auf diesem Platz herrscht ein reges Kommen und Gehen. Es gibt Bewegung von Fahrrädern und Fußgängern, die durch den Fahrradtunnel kommen und gehen, viele auf dem Weg zum Freibad und entsprechender Stimmung, aber es ist selten laut oder hektisch. Wenn das Kind ein bisschen größer ist, kann es auf der modrigen Bank herumklettern, und wenn es noch größer ist, möchte es selbst ein Eis und auf den Spielplatz gegenüber.

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