Donnerstag, 28. Dezember 2017

Gschichten aus Valencia

Während sich Eltern in metereologisch benachteiligten Breiten um kreative Lösungen bemühen muss, wie man den Nachwuchs davor bewahren kann, jetzt endgültig die väterliche CD- und Schallplattensammlung in Lego- und Bauklötze-Konstruktionen miteinzubeziehen, können die GenossInnen in südlichen Gefilden ihre lieben Kleinen ganzjährig auf den säuberlich mit Kunstrasen ausgekleideten Spielplatz geleiten und sich dortselbst eine heiße Schokolade mit Süßkram schmecken lassen. Hmmm! Denkste! Bei sanften 18 in der zweiten Dezemberhälfte kann es diesen bemitleidenswerten Leidensgenossen geschehen, dass sie am geschlossenen Tor zum größten Park der Stadt von einem lieblos mit OpenOffice Writer auf Valencianisch geschriebenen Schild rüde abgewiesen werden, auf dem steht: Park geschlossen wegen meterologischen Alarms.
Ja nun. Was bleibt einem da? Müssen sie halt ins Möbelhaus oder an den Strand, die pares valencians...
Dieser lieblosen Stadtverwaltung empfehle ich mal einen Kuraufenthalt an der Nordsee. Egal zu welcher Jahreszeit. 

Man beachte den grauen Himmel und die sturmgebeugten Bäume.


Park und Straßen stehen verlassen - eigentlich nur Park.

Gschichten ausm Möbelhaus

Eltern kennt das: es sind (Weihnachts-) Ferien oder es ist Wochenende, Kita und Kindi haben geschlossen, und pünktlich schlägt das Wetter um. Kein Spielplatz, kein Wildpark, kein Stadtbummel möglich, und selbst das Babycafé hat am Wochenende geschlossen. Doch zumindest für verregnete Sams- und Ferientage hat sich in unserer kleinen Familie  eine Alternative etabliert: das Möbelhaus. Damit meine ich nicht Ikea, wo man samstags der realistischen Gefahr ausgesetzt ist, zerquetscht zu werden. Ein Möbelhaus traditioneller Art dagegen hat für Familien mit kleinen Kindern große Vorteile: es ist weitläufig und bietet viel Platz zum Rennen/Krabbeln; überall ist Teppichboden verlegt; für die überwachenden (und übernächtigten) Erziehungsbeauftragten gibt es reichlich bequeme Sitzmöglichkeiten (Stressless!); in der Küchen- und der Deko-Abteilung finden sich zudem lustige und nutzlose Gegenstände, die man stundenlang betrachten kann.

Vor allem aber hat seit Ikeas Erfolg mit Hot Dog, Kötbullar & Co. nahezu jedes Möbelhaus auch ein Restaurant, in dem paniertes Schnitzel, Linsen und Spätzle oder Maultaschen mit Kartoffelsalat serviert werden. Schon bei den Pionieren ist die Taktik ziemlich durchschaubar, sind doch das Hot Dog für einen Euro oder der für Inhaber der Family Card kostenlose Kaffee eigentlich kein rationaler Grund für eine Fahrt in die Peripherie. Das Möbelhaus unseres Vertrauens aber hat diese Strategie noch übertroffen: an "Stammkunden" werden alle paar Monate Gutscheine für Snacks oder kleine Gerichte verschickt: im Sommer ein kleines gemischtes Eis, im Herbst ein Paar Weißwürste und ein Glas Bier, im Winter Kaffee und Kuchen... Nicht wenige Kunden sind so blöd, sich davon verleiten zu lassen, am Samstag einen Ausflug ins Möbelhaus zu machen. Nicht wenige davon befinden sich jenseits der Pensionsgrenze. Bei ihnen habe ich allerdings meist den Eindruck, dass sie tatsächlich nur kommen, um auf dem kostenlos zu parken, das Gutschein-Essen missmutig in sich hineinzumampfen ohne mit dem Ehepartner ein Wort zu wechseln und dabei böse die Familien zu beäugen, die es wagen, ihre Kinder ohne Leine durch die Tischreihen rennen zu lassen.
Noch blöder wird man nur angeguckt, wenn man nicht das Gutschein-Essen vor sich auf dem Tisch stehen hat: Es fühlt sich ein bisschen so an, wie das Eintreten in einen Saloon im Wilden Westen oder in eine Bar im spanischen Inland. 
Ich könnte jetzt behaupten, wir hätten uns weder für die Käse-Wurst-Platte und ein Glas Rotwein, noch  für deren Kostenlosigkeit interessiert. Diese mediterran wirken wollende Pseudo-Delikatesse, 5 Käse- und 6 Salamistückchen, dazu ein Plastikbecher Wein... Die traurige Wahrheit ist aber, wir hatten den Gutschein vor lauter Windeln, Wechselkleidern, Wasserflaschen, Spielsachen, Buggy und Kinderwagen zu Hause vergessen. Und das, wo wir diesen bedeutsamen Ausflug schon Tage vorher geplant, den Ablauf des Wochenendes darauf abgestimmt und uns einen Vorwand dafür ausgedacht hatten (Rührschüssel!), warum wir denn überhaupt wieder mal den Weg zum Möbelhaus hätten nehmen sollen - abgesehen vom Gutschein-Essen! Aber kaum hatten wir die Bundesstraße erreicht, fiel uns ein: der Gutschein hängt noch an der heimischen Pinnwand.
Nun ja. Bei Schnitzel mit Pommes Frittes für 5,90 Euro kann man den vergessenen Gutschein auch schon mal verschmerzen. Aber die Rentnergangs haben uns mit einer sozialwissenschaftlich interessanten Mischung aus Schadenfreude und Neid hinterhergesehen. Eines steht aber fest: selbst ohne Gutschein und trotz des Erwerbs eines neuen Küchenutensils (Kitchen Craft?!) ist der Besuch eines Möbelhauses günstiger als der eines Indoor-Spielplatzes.