Donnerstag, 20. Februar 2020

Blgbtrg

Ein Phänomen, das mich seit einiger Zeit beschäftigt, ist das der gestrichenen Vokale auf verschiedenen Schriftzügen. Ich verstehe nicht, was die Vokale Schlimmes angestellt haben! Sie sind die wichtigsten Laute in unserer Sprache. Wenn man aus irgendeinem Grund lallt und die Konsonanten nicht mehr deutlich artikulieren kann, wird der Sinn zumeist dennoch erschließbar sein - man versuche das mal mit einem ausschließlich aus Konsonanten bestehenden Sätzen! Nicht umsonst gelten die vokalreicheren romanischen Sprachen als besonders schön.

Der Beginn dieses Trends scheint eine Adaptation des Schriftzugs von Run DMC gewesen zu sein. Dabei werden zwei Dreibuchstabenkombinationen untereinander gestellt, von denen die erste im Allgemeinen "FCK" ist. Hierbei wurde durch die Auslassung des Vokals das tabuisierte Wort, das noch bis zum Jahr 2010 in den USA in Fernsehen und Radio weggepiept wurde, erträglich gemacht, blieb dabei aber leicht erkennbar. Wenn die Google-Suche hier aussagekräftig ist, war die erste und häufigste Kombination "FCK NZS". Das ist eine interessante Idee, weil hier ein zwar nicht als vulgär empfundenes Wort, sondern ein abstoßendes Konzept gleichsam zensiert wird.

Urheber: Klaus Mueller (CC BY Lizenz 3.0) Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/be/Fcknzs.jpg



Inhaltlich parallel dazu ist der erfreulich häufig zu sehende Schriftzug "FCK AFD". Dieser stellt aber das einmal etablierte phonetische Konzept schon wieder in Frage, weil der Parteiname "AfD" nunmal einen Vokal im Namen trägt. Es müsste dann zu "FCK FD" reduziert werden, was unter anderem deshalb problematisch wäre, weil hierdurch nicht mehr deutlich würde, dass etwas ausgelassen wurde. Ich komme später darauf zurück. Noch unlogischer ist das im Reutlinger Raum öfters zu beobachtende "FCK ULM", weil hier im vorderen (oder oberen) Teil das <u> gestrichen wurde, im hinteren (oder unteren) nicht.
Es gibt aber auch eine zweite Ausformung des Trends, die unter anderem auch Oliver Bierhoff mit seinem freshen Marketing - Team erreicht hat, was zum Hashtag der WM 2018 "#zsmmn" geführt hat. Bei so vielen Buchstaben sind unzählige Silbenfolgen möglich, zum Beispiel <ozeasamiminu>. Sehr aussagekräftig. Aber diese Verwendungsweise ist kennzeichnend für die zweite Ausformung des Trends, nämlich die konsequente Befolgung der Regel bei totaler Missachtung der Verständlichkeit. So steht auf der Kapuzenjacke eines Bekannten "Made in BLN". Mein erster Gedanke war: fehlt da nicht ein <r> und meint dann "Berlin"? Und weiter bin in seither auch nicht gekommen... Ein anderer Bekannter trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "BLKN". Da ich ihn kenne, glaube ich davon ausgehen zu können, dass damit "Balkan" gemeint ist. Es könnte aber ebenso gut "Balkon" oder "blöken" gemeint sein - oder zahllose andere Buchstabenkombinationen, in denen die Konsonanten <b>, <l>, <k> und <n> vorkommen.

Ich fordere daher: mehr Respekt für Vokale! Sie sind es wert.