Samstag, 28. Oktober 2017

Herbst 2017

Seit letzter Woche werden die großen überall in der Stadt verteilten Blumenampeln und Blumenkästen abgehängt. Am Freitag hat mein Großer seinen letzten Tag in der Kita verbracht. Er wird drei Jahre alt und wechselt nun in den Kindergarten. Zwei Jahre hat er in der liebgewonnenen Einrichtung verbracht, die sich am Rand der Altstadt in einem 500 Jahre alten Gebäude befindet. Und übermorgen endet nach achteinhalb Jahren meine Zeit als Mitarbeiter an der Universität. Das Ende des Projektförderungszeitraums ist erreicht. All das stimmt mich wehmütig.
Für meinen Großen beginnt mit dem Kindergarten eine neue Phase seines Lebens, für mich zwei Monate später mit dem Beginn des Referendariats. Im Kindergarten wird er zu den Kleinsten gehören, nachdem er in den letzten Monaten in der Kita zu den Größten gehörte, die mit in den Garten, zum Einkaufen oder zum Schwimmen gehen durften. Ich werde im Referendariat zu den Ältesten gehören, zugleich aber auch, im Verhältnis zu arrivierten Lehrern und Seminarleitern, zu den Kleinsten.
An langen Arbeitstagen war mir oft die liebste Zeit des Tages der Weg zur Kita: der Gang zur Bushaltestelle (ca. 150 m), mal rennend, mal auf den Schultern, meist an der Hand, manchmal die Haltestelle variierend, weil ihm der rote Hamster, der vom Götz-Widmann-Plakat winkt, Angst macht; die Busfahrt, am liebsten vorne rechts sitzend, so dass wir die verschiedenen Baustellen mit ihren Kränen, Baggern und Betonmischern bewundern können, manchmal schwer zu erobern gegen die Senioren, die seltsamerweise auch ganz wild auf diesen Platz sind, trotz eigens für sie reservierter Plätze; der Weg von der Bushaltestelle zur Kita, auf dem man an Schaufenstern, dem Bäcker und öfters auch Tauben vorbeikommt, die verjagt werden müssen, und vor allem an einer Stelle, an der ich vor fast einem Jahr mit dem Kinderwagen bei Glatteis ins Rutschen kam, woran sich mein Sohn verblüffenderweise heute noch erinnert, "Papa, hast du dir hier Aua gemacht?!"; schließlich die Treppe hoch zur Kita, etwa 40-50 Stufen, angeblich Hinderungsgrund für manche Eltern, die nicht wissen, was sie verpassen, und die dafür sorgen, dass die Kinder dieser Einrichtung wesentlich schneller Treppensteigen und zählen lernen dürften als andere; dann die Abschiedszeremonie, Jacke, Mütze und Schal aus, Hausschuhe an, Umarmung und zum Glück meist keine Tränen mehr. Dazu kommen natürlich die kleinen Gespräche mit den anderen Kindern, den Eltern und den Erzieherinnen, und das alles, durch die flexible Arbeitszeitgestaltung meiner bisherigen Stelle, mit Zeit und Ruhe, also den beiden meines Erachtens wichtigsten Punkten für ein friedliches Eltern-Kind-Verhältnis, v.a., weil beides doch oft nicht so zuhanden ist, wie man es gerne hätte. Wie wird es erst sein, wenn ich durch den umbarmherzigen Stundenplan und die noch zu erledigende Anfahrt in ein engeres Zeitkorsett geschnürt sein werde? Klar, nicht jeder Tag beginnt mit der ersten Stunde, aber an denen, die so beginnnen, werde ich meine Kinder wahrscheinlich morgens gar nicht sehen. Vorher steht noch die Eingewöhnung des Kleinen an, der in dieselbe Einrichtung gehen wird. Manches wird ähnlich sein, Vieles anders. Die erste Zeit wird er noch nicht die Treppen laufen wollen, andere Plätze im Bus bevorzugen. Kinder werden für ihn die Großen sein, während sie bisher für uns und unseren Großen die Kleinen waren. Die Erzieherinnen werden dieselben sein und die Eltern auch, teilweise auch sie mit Geschwisterkindern der Spielkameraden unseres Großen. Der Weg wird der gleiche sein, und doch ein anderer. Und ganz bestimmt wird es auch schön werden.
Aber es ist Herbst. Und ich bin ein bisschen wehmütig.

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